(Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik II, Prof. Liebau)
Das Kooperieren mit außerschulischen Anbietern von Jugend- und Kulturarbeit stellt einen der entscheidenden Schwerpunkte der derzeitigen Schulentwicklung dar. Gerade bei der Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Theatern fanden in den letzten Jahren große Veränderungen statt.
Um zu fundierten Grundlagen für die wissenschaftliche Theoriebildung aber auch für bildungspolitische Entscheidungen zu gelangen, bedarf es dringend einer bundesweiten Bestandsaufnahme der Aktivitäten in diesem Praxisfeld. Bisher weiß man wenig über das Zusammenarbeiten von Schule und Theater – zu verschieden sind die Ansätze, zu mannigfaltig die Umsetzungsformen in der Realität. Anhand von drei Recherchen und drei Befragungen werden Daten erhoben, um dieses Handlungsfeld differenziert beschreiben und verstehen zu können. Dabei geht es nicht um die Evaluation der Qualität, sondern darum, dieses heterogene Feld systematisch zu erfassen und Empfehlungen für dessen Weiterentwicklung zu erarbeiten. Es zeichnet sich bereits ab, dass durch die empirischen Zugänge ein tiefes Verstehen für das Zusammenwirken zwischen Schule und außerschulischer Kulturarbeit entsteht. Es wird möglich, die Chancen, Möglichkeiten und kreativen Potentiale gegenseitigen Austauschs, aber auch die Fallstricke, Missverständnisse und Reibungsflächen zu erklären.
Recherche I: Theaterpädagogische Angebote für Schulen
In einem ersten Schritt galt es, die theaterpädagogischen Angebote, welche Theater gegenüber Schulen offerieren, systematisch zu erfassen. Hierzu wurde eine Internetrecherche auf Grundlage der Homepages der Stadt- und Staatstheatern in Deutschland durchgeführt. Die dabei gewonnenen Kategorien und Formen der Zusammenarbeit dienten auch als Grundlage für die Entwicklung einer Fragebogenerhebung bei Theaterpädagogen (siehe unten).
Recherche II: Daten und Fakten zu Theater an der Schule
In Deutschland gibt es zahlreiche Unterrichtsformen und Bezeichnungen und der Kenntnisstand über Aktivitäten in dem Fach Darstellendes Spiel oder in Form von Theater-AGs an Schulen fällt je nach Bundesland unterschiedlich aus. Deshalb wurde im Rahmen des Projektes Theatrale Bildung eine Recherche bei den für das Darstellende Spiel an Schulen zuständigen Personen in den einschlägigen Länderministerien durchgeführt. Hierzu werden alle zuständigen staatlichen Ministerien und die Landesarbeitsgemeinschaften kontaktiert. Ziel war es, statistische Daten zu Theater an der Schule für das jeweilige Bundesland zu erhalten. Dabei wurde zunächst nach Daten gesucht, die von staatlicher Seite erhoben werden. Doch waren auch unabhängige Studien qualitativer oder quantitativer Art, welche Aufschluss über die Situation von Theater an der Schule liefern können, von Interesse.
Recherche III: Aufarbeitung von Empfehlungen für Praxis und Politik
In der konzeptionellen Fachliteratur lassen sich zahlreiche Empfehlungen für das Gelingen einer Kooperation finden. In Handreichungen, Broschüren, Fachbüchern und Projektberichten lassen sich Tipps und Tricks, Hinweise und Ergebnisberichte als Wiedergabe des derzeitigen Diskussionsstandes zu Qualität von Kooperationen zwischen Schule und Theater lesen. Die Auswertung dieser Dokumente diente dazu, die Qualitätsdimensionen, welchen den Äußerungen der Autoren zugrunde liegen, herauszuarbeiten. Sie gaben Aufschluss darüber, unter welchen Maßgaben und mit welchen Zielen das Handlungsfeld von den Akteuren bestellt wird.
Befragung I: Experteninterviews mit Lehrkräften und Theaterpädagogen
Um die Möglichkeiten und Grenzen der Zusammenarbeit zwischen Schule und Theater ausloten zu können, ist die subjektive Sichtweise der Akteure in diesem Feld von zentraler Bedeutung. Hierzu wurden 17 Experteninterviews mit Lehrkräften und Theaterpädagogen durchgeführt, die in Projekten, Workshops und auch in anderen Formen bereits Erfahrungen mit einer Zusammenarbeit gesammelt hatten. In 14 Fällen bezogen sich die Interviewten auf eine Zusammenarbeit, bei der eine andere interviewte Person beteiligt war, so genannte Tandeminterviews. In erster Linie ging es dabei darum in Erfahrung zu bringen, was die Befragten unter Kooperation verstehen und wie sie die Zusammenarbeit subjektiv erleben. In der Rekonstruktion der Schilderungen konnte ein vertieftes Verstehen der Handlungszusammenhänge der Beteiligten entstehen.
Befragung II: Die Zusammenarbeit aus Sicht von Theaterpädagogen
In Deutschland gibt es derzeit 137 Stadt- und Staatstheater und alle bieten ein theaterpädagogisches Angebot. In einer Fragebogenerhebung wurden die dafür zuständigen Personen angeschrieben und zum Angebot des Theaters für Schulen, sowie zu ihren Ansichten zu der Zusammenarbeit mit Lehrkräften und Schulen befragt. Die Erstellung des Fragebogens basierte dabei auf der oben genannten Internetrecherche und auf einer ersten Auswertung der qualitativen Experteninterviews. Letztere brachten zum einen zahlreiche Erkenntnisse über das Zusammenarbeiten zwischen Schule und Theater, so dass relevante Fragethemen entwickelt werden können. Zum anderen konnten für den Fragebogen Formulierungen selegiert werden, welche nah an der Alltagsrealität der Zubefragenden standen.
Befragung III: Die Zusammenarbeit aus Sicht von Lehrkräften
Die dritte Befragung richtete sich an Lehrkräfte von Grundschulen, Haupt-/Mittel-/Regionalschulen, Real-/Gemeinschafts-/Oberschulen und Gymnasien, die bereits Erfahrung mit der Zusammenarbeit mit einem Theater haben. Sie basierte auf einem vollstandartisierten Fragebogen, der komplementär zu dem Fragebogen für die Theaterpädagogen entwickelt wurde und in fast allen Bundesländern durchgeführt wurde. Dabei wurde eine sozialräumliche Vorauswahl getroffen, das heißt, es wurden nur Schulen angeschrieben, die in der Nähe eines Theaters zu finden waren. Auf diese Weise gelang es, einen ersten Einblick in die Aktivitäten der verschiedenen Schulformen in diesem Handlungsfeld zu erlangen. Insbesondere aber konnten durch die Gegenüberstellung der Sichtweisen von Theaterpädagogen und Lehrkräften das Erleben der Zusammenarbeit aus Sicht der Akteure nachgezeichnet werden. Auf Grundlage dieser quantifizierenden Stufe konnten Interpretationen der qualitativen Erhebungen überprüft und weiterentwickelt werden.
Auswertung
Die Zusammenschau der Ergebnisse lieferte eine Bestandsaufnahme der bundesweiten Aktivitäten der Zusammenarbeit zwischen Schule und Theater, aber auch eine Reflektion der strukturbedingten Grenzen einer systematischen Erfassung. Kern der Auswertung war die hermeneutische Interpretation des Zusammenwirkens dieser interinstitutionellen Zusammenabreit , welche insbesondere die Perspektiven der Akteure Lehrkräfte und Theaterpädagogen in den Blick nahm. Darüber hinaus wurden allerdings auch die institutionellen Rahmenbedingungen und ihre daraus resultierenden Handlungslogiken für die jeweiligen Mitarbeiter auf Seiten von Schule und Theater in den Blick genommen. Nur so konnten die empirischen Ergebnisse angemessen interpretiert werden und sich ein Verstehen der Zusammenhänge entwickeln. Darüber hinaus wurden basierend auf der Auswertung der empirischen Schritte Empfehlungen ausgesprochen, welche sich direkt an die Akteure im Handlungsfeld der Zusammenarbeit von Schule und Theater richteten. Angesprochen wurden dabei nicht nur Theaterpädagogen und Lehrkräfte, sondern auch politische Akteure, Schulleiter, Intendanten und Geldgeber.
Projektverantwortliche
Die Leitung des Projektes Theatrale Bildung hatten Prof. Dr. Eckart Liebau, Prof. Dr. Jörg Zirfas und Dr. Leopold Klepacki inne. Als Mitarbeiterinnen sind waren Dr. Katrin Valentin, Tanja Bauer M.A. (Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen), Marie Petzold B.A. (Wissenschaftliche Hilfskraft) und Magdalena Zapf (Studentische Hilfskraft) beschäftigt.
Förderer
Das Projekt wird von der Stuttgarter Heidehofstiftung gefördert und wurde (in den entsprechenden Projektteilen) vom bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus autorisiert.